KOBLENZ. Blitzschnell sind die 36 Karten des Madame–Lenormand–Decks durchgemischt und liegen auf dem Tisch. „Madame Lenormand“, so klärt Flathan auf, war die größte Wahrsagerin aller Zeiten. Napoleons Gemahlin habe Lenormand einst Thron und Fall ihres Gatten vorausgesagt. Flathan, der mit bürgerlichem Namen Rene Huerther heißt, ist der guten Dame da noch eine Spur voraus. „Die Karten brauche ich nur noch als Brücke, um die Zukunft auch für meine Kunden bildlich zu machen.“ Er selbst, so erzählt der 27–Jährige, sieht die Zukunft dagegen wie einen Videofilm vor seinem inneren Auge ablaufen. Ein Videofilm, der für Koblenz einen wahren Actionstreifen für 2010 verheißt, sogar Sex und Crime sind im Hellseher–Angebot.
Und damit reißen die Unglücke noch nicht ab, die die Stadt an Rhein und Mosel erschüttern sollen. Die Karten werden zwar jetzt neu gemischt – die Zukunft bleibt weiter düster, was ein erschrockener Blick des Koblenzer Mediums auf das aufgelegte Deck zeigt. „Ich sehe eine Gasexplosion in der Südlichen Vorstadt. Ein Beziehungsdrama“, sagt Flathan mit bebender Stimme.
Mitten in Koblenz wird ein Etablissement entstehen, das nur für Erwachsene zugänglich sein wird. „Es wird eine Vergnügungsmeile. Ein Kasino, oder auch etwas anderes …“, lässt Flathan das Ende hier offen. Dann wandert Flathans Blick auf die mittlere Kartenreihe. Symbole für Gedenken und Tod liegen in unmittelbarer Nachbarschaft einer Hure. Für Koblenz kann das nur eins bedeuten, nämlich ein Hinweis auf die 2008 verblichene und wohl prominenteste Prostituierte an Rhein und Mosel: „Die Stadt wird ein Denkmal für das Brigittsche errichten.“
Dann drückt Flathan den Knopf seines intern eingebauten Videoplayers offenbar auf schnelles Vorspulen, denn die weiteren Vorhersagen sprudeln quasi im Sekundentakt: Die TuS Koblenz steigt auf, muss aber weiter in einem alten Stadion spielen, ein großes Koblenzer Unternehmen verlagert seinen Firmensitz ins Ausland, und 120 Menschen verlieren ihre Arbeit, und in der Innenstadt werden drei Fliegerbomben entdeckt, die eine Großevakuierung nötig machen. Pause. Flathan muss neu mischen – legt die Karten aber dann noch einmal auf den Tisch. Sommer ist es jetzt. Für die Gastronomen aber schon Weihnachtsbescherung: „Die Sperrzeiten für die Außengastronomie werden für die Sommermonate aufgehoben„, orakelt Flathan. Zu früh freuen sollten sich die Wirtsleute aber noch nicht – auch nicht bei der von Flathan selbst prophezeiten Trefferquote von 98 Prozent. Immerhin ist nicht auf jedes „Medium“ Verlass. Und wer ein seriöses vorzieht, dem sei deshalb auch 2010 als verlässliche Alternative empfohlen: die RZ lesen.