FREIE WÄHLER-Ratsfraktion: Ortstermin im Koblenzer Klärwerk
Koblenz. Das Koblenzer Klärwerk ist die zweitgrößte kommunale Anlage zur Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz. Im Bereich der Energieeffizienz nimmt es auch im überregionalen Vergleich eine Ausnahmestellung ein. Und: Diese wichtige Einrichtung ist als wichtiger Teil der kommunalen Daseinsvorsorge einem ständigen Wandel unterzogen. Die FREIE-WÄHLER-Stadtratsfraktion hatte jüngst zu einem Ortstermin eingeladen. Die Teilnehmer erfuhren dabei, dass in den kommenden Jahren erneut millionenschwere Investitionen anstehen.
Die Führung übernahm der Stellvertretende Betriebsleiter Ulrich Marquart. Der Abwassermeister kündigte an, dass die Anlage zur biologischen Klärung durch ein zusätzliches Belebungsbecken und drei Belebungsbecken erweitert ist. Der Baubeginn kann womöglich im kommenden Jahr erfolgen wohl gemerkt bei laufendem Betrieb. Und im September wird ein Neubau im Bereich der Klärschlammentwässerung offiziell in Betrieb genommen. „Es ist schade, dass wichtige Investitionen wie diese in der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen werden“, bedauert FW-Ratsfrau Julia Maria Kübler, die auch dem Werksausschuss „Stadtentwässerung“ angehört.
Das Klärwerk wird von der Stadtentwässerung Koblenz (SEK) betrieben, einem Eigenbetrieb der Stadt Koblenz. Hier sind 43 Mitarbeiter tätig. Weitere 27 Mitarbeiter sind für ein Kanalnetz mit einer Gesamtlänge von 600 Kilometern verantwortlich. Damit sind sie auch für 25 Schmutz-, Misch- und Regenwasserpumpwerke sowie für vier Düker und 17.800 Schächte zuständig. Zu ihrem „Kerngeschäft“ gehört nicht nur die Abwasserbeseitigung, auch die aufwendig erstellten Hochwasserschutzanlagen zählen zu ihren täglichen Herausforderungen. „Es ist beeindruckend, was in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt und aufgebaut wurde“, bilanziert Ratsmitglied Edgar Kühlenthal.
Die Geschichte des Klärwerks als Herzstück des Systems reicht bis ins Jahr 1970 zurück. Doch bereits mit der 1987 begonnenen Erweiterung, die 1992 abgeschlossen war, wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Erreichte das Werk, in dem nicht nur Abwasser aus Koblenz, sondern auch aus der Verbandsgemeinde Vallendar gereinigt wird, doch schon damals ein Ziel: Eine Ausbaugröße von 320.000 Einwohnern zu erreichen, wobei die erreichte Zielgröße eher ein theoretischer Wert ist. Denn es gibt zahlreiche Großkunden, obwohl einige renommierte Industriebetriebe in der Stadt eigene Kläranlagen betreiben.
„Würde man heute ein Klärwerk in einer vergleichbaren Dimension komplett neu bauen, müssten mindestens 300 Millionen Euro investiert werden“, rechnete Ulrich Marquart vor. Und das ist auch ein Grund, warum das Klärwerk im Laufe der Jahre Zug um Zug weiterentwickelt und ausgebaut wurde. Entsprechend anspruchsvoll ist die tägliche Arbeit. Wer Abwassertechniker werden möchte, braucht gute Kenntnisse in Mathematik und Naturwissenschaften. Und auch nach der Lehre ist das Lernen nicht vorbei. Deswegen sind hoch qualifizierte Spezialisten in diesem Bereich sehr gefragt. Werden sie doch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auf EU-, Bundes- und Landesebene konfrontiert. „Das ist nicht immer einfach“, betonte Ulrich Marquart mit Blick auf die oft langwierigen Antrags- und Genehmigungsverfahren.
Das Klärwerk in Koblenz ist eines von insgesamt 670 kommunalen Anlagen im Land, deren Mitarbeiter im Bereich der Abwasserbeseitigung unter anderem vor der Herausforderung stehen, Schadstoffe herauszufiltern. So gelang es nach Aussage des Mainzer Umweltministeriums in den vergangenen Jahren, die Phosphorbelastung um 50 Prozent zu verringern. Ein ganz großes Thema ist derzeit die Energieautarkie bei gleichzeitiger Verringerung der CO2-Emmissionen. Obwohl die Kläranlagen unter Nutzung von Klärgasen und Photovoltaik schon seit vielen Jahren einen Teil ihres Energiebedarfs selbst erzeugen, ist noch Luft nach oben. Das Koblenzer Werk, das mithilfe von zwei Blockheizkraftwerken bereits mehr als 80 Prozent der benötigten Energie selbst erzeugen, übernimmt hierbei eine Vorreiterstellung.
In Koblenz spielt das Thema Klärschlammentsorgung eine ganz besondere Rolle. Erst vor zwei Jahren wurde ein EU-Projekt mit einer Gesamtdimension von 18 Millionen Euro abgeschlossen. Das Ziel: Vor dem Hintergrund der strengen rechtlichen Rahmenbedingungen die Menge des Klärschlamms unter Einsatz von Eigenenergie von 11.150 auf 3350 Tonnen jährlich zu reduzieren, was auch erreicht wurde. Nach der Klärschlammtrocknung bleibt ein Granulat, das in einer weiteren Prozessstufe vergast wird. Am Ende bleibt eine mineral- und phosphorhaltige Asche.
„Auch in Zukunft wird das Klärwerk eine besondere Rolle im Koblenzer Umweltschutz spielen, auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen immer schwieriger werden“, lautet das Fazit von Julia Kübler.