23.08.18 Dreikönigenhaus

„Anders als in vielen anderen Großstädten finden Bürgerinnen und Bürger auf
der Homepage der Stadt Koblenz keinen Hinweis auf einen Beauftragten für
Korruptionsprävention, keine diesbezüglichen Gesetzestexte und keine Hinweise, an wen man sich bei einem Verdachtsfall konkret wenden kann. Das ist sehr schade und sollte schnellstmöglich verbessert werden“, eröffnete Dr. Helmut Brocke seinen Gastvortrag zum Thema Anspruch und Wirklichkeit kommunaler Korruptionsprävention. Dr. Helmut Brocke von Tranparency International ist Rechtsanwalt in Düsseldorf und war von 1980 bis 1995 kommunaler Hauptverwaltungsbeamter, zuletzt als Oberkreisdirektor des Kreises Wesel und Chef der Kreispolizeibehörde, von 1996 bis 2005 Bankdirektor und Leiter des Geschäftsbereichs Öffentliche Kunden der WestLB sowie Internationaler Wahlbeobachter der OSCE. Für den Fachmann Brocke ist klar: In jeder Stadt gibt es Korruption. Es sei nur eine Frage, wie die Stadt damit umgehe, es zu verhindern suche und ahnde, damit Einzelne nicht ihren Vorteil zum Schaden der Allgemeinheit suchen. Insbesondere der Bausektor sei oft ein Gefahrenbereich. Genau das sei aber das Wichtigste, nämlich die gefährdeten Bereiche der Verwaltung als solche zu benennen, in solchen die Zeit der Tätigkeit von Beschäftigten dort durch Personalrotation zu begrenzen, Nebentätigkeiten einzuschränken sowie ein gründliches Vier-Augen-Prinzip anzuwenden. Das Dienst- und Arbeitsrecht verbiete den Beschäftigten der Kommunalverwaltung jede Vorteilsnahme.
Die Bürgerinnen und Bürger müssten natürlich auch die Möglichkeit haben
Verdachtsfälle zu melden, auch anonym. Beamte können sich allerdings nicht direkt an die Strafverfolgung wenden, sondern müssen Verdachtsfälle zunächst ihren Vorgesetzten bzw. der korruptionspräventiven Stelle melden. Letztendlich entscheide aber immer der Chef der Verwaltung, ob der Vorgang auch den Strafverfolgungsbehörden übermittelt werde. Insofern hänge der Erfolg der kommunalen korruptionspräventiven Struktur immer davon ab, in wie weit der Oberbürgermeister dies zu seiner Chefsache erkläre oder nicht. Bezogen auf die Stadt Koblenz sei es bedauerlich, dass es noch nicht bekannter ist, dass Koblenz einen Beauftragten für Korruptionsprävention hat, nämlich Herrn Kalb aus dem Haupt-und Personalamt. Erfreulich sei aber, dass wichtige Vertreter und Vertreterinnen der Verwaltung sich für das Thema interessierten und anwesend waren, nämlich Herr Gerd Suderland als Leiter des Hauptamtes, Herr Harald Klein als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes sowie Frau Vera Dott von der zentralen Vergabestelle. Gut sei auch, dass in der Stadt Koblenz konsequent das vier Augen Prinzip angewandt würde. Dr. Brocke wusste zu berichten, dass es in den Kommunen eine Sorge vor Ansehensverlust gebe, wenn Korruptionsfälle bekannt werden. Dabei sei eine ehrliche Aufarbeitung besser, als Problemfälle unter den Teppich zu kehren. Problematische Strukturen seien zudem das Schaffen von Aktiengesellschaften, die dann nicht zu kontrollieren sind, weshalb dies in NRW nicht mehr üblich ist. Andere Fälle sind schon durch das Strafrecht geregelt, zum Beispiel das Verbot von Vorteilsannahmen für Mandats- und Amtsträger. Bestechlichkeit ist eine verbotene Diensthandlung. Auch Vertragspartner der Stadt können Amtsträger werden, sogar Mitarbeiter von Unternehmen, an denen die Stadt mehr als 25% Anteil hat, wenn sie eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet haben. Ratsmitglieder können ebenfalls durch Verwaltungstätigkeiten wie im Aufsichtsrat Amtsträger sein.
Die Landesregierungen empfehlen den Kommunen Korruptionsprävention.
Das Transparenzgesetz des Landes sei vorbildlich, so Dr. Brocke, es liege
aber an den Kommunen selbst, Transparenz und Korruptionsprävention
durchzusetzen, wie es schon 1969 die Innenministerkonferenz empfahl.
Oberstaatsanwältin Dr. Müller-Ehlers wies darauf hin, dass auch der IT
Bereich zu den Gefahrenbereichen gehören könne, das Strafrecht keine unteren Wertgrenzen für Korruption kenne und eine klare vorbildliche Haltung des Führungspersonals in den Ämtern und der Stadt ausschlaggebend sei.
Der Rat selbst könne sich Ethikregeln geben und die Position des
Beauftragten für Korruptionsprävention stärken. Für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Angestellten der Stadt müsse es ein klares Hinweisgebersystem, Hinweisgeberschutz sowie eindeutige Handlungsketten in einem Verdachtsfall geben. Nur wenn Verantwortlichkeit hergestellt werde und Transparenz über das Verfahren herrsche, könne den Gefahren der Korruption begegnet werden.

Organisiert wurde die Veranstaltung von Stephan Wefelscheid, Ratsmitglied
der BIZ, sowie Julia Schmenk, Ratsmitglied der GRÜNEN. „Es ist uns ein
Anliegen, Vorsorge zu treffen, damit die Bürgerinnen und Bürger sicher sein
können, dass es ein Fair Play gibt und die Stadt zum Wohl der Bürgerinnen
und Bürger handelt“, meint Julia Schmenk. Stephan Wefelscheid ergänzt: „Wünschenswert wäre, wenn der neue Koblenzer Oberbürgermeister David Langner das Thema der kommunalen Korruptionsprävention zur Chefsache erklären und die Stelle des Korruptionspräventionsbeauftragten zeitlich aufwerten und mit mehr Befugnissen ausstatten würde!“.